Die Ukraine widerruft die Schirmherrschaft
über die "Deutsch-Ukrainische Historikerkommission" (DUHK)
Die ukrainische Seite möchte offiziell ankündigen, dass das Außenministerium der Ukraine die Schirmherrschaft über die "Deutsch-Ukrainische Historikerkommission" („Kommission“, DUHK) widerrufen hat.
Die ukrainische Seite unterstreicht dabei, dass sie diese akademische Institution (DUHK) nie als eine vollwertige bilaterale zwischenstaatliche Kommission für Fragen der gegenseitigen Geschichte anerkannt hat und nie als solche betrachten wird, so wie das insbesondere in den Beziehungen zwischen Deutschland und einer Reihe osteuropäischer Staaten der Fall ist.
Nach Ansicht der ukrainischen Seite ist die DUHK nach wie vor nichts anderes als eine rein deutsche wissenschaftliche Vereinigung von Geschichtswissenschaftler*innen, die im September 2014 vom Verband der Historikerinnen und Historiker Deutschlands (VHD) ins Leben gerufen und als separater Ausschuss des VHD organisatorisch etabliert wurde.
Am 27. Februar 2015 fand in München die konstituierende Sitzung der "Kommission" statt. Die deutsche Seite lud dabei ausgewählte ukrainische Historiker*innen unter der Leitung von Herrn Hrytsak als Mitglieder ein, die, und das muss betont werden, von Anfang an und bis heute ausschließlich sich selbst vertreten.
Die Tätigkeit der Kommission wird von der Ludwig-Maximilians-Universität München koordiniert, die faktisch als deren Sekretariat fungiert.
Auf Vorschlag des ehemaligen Bundesaußenministers Frank-Walter Steinmeier übernahmen am 29. März 2016 die damaligen Außenminister Deutschlands und der Ukraine die Schirmherrschaft über diese "Kommission".
Leider muss heute festgestellt werden, dass die großen Hoffnungen, die die ukrainische Seite seinerzeit naiverweise in die "Kommission" gesetzt hatte, was die Verbreitung von Wissen über die Geschichte der Ukraine in Deutschland angeht, sich in keinster Weise bewahrheitet haben.
Mehr noch, diese "Kommission" hat sich von einem öffentlichen Diskurs in Deutschland zu den wichtigsten Themen der gemeinsamen Geschichte bewusst selbst zurückgezogen.
Besonders deutlich wurde diese Zurückhaltung im Mai 2017 bei einer Plenardiskussion im Bundestag zur grundlegenden Frage der historischen Verantwortung Deutschlands gegenüber der Ukraine für die Verbrechen des Nationalsozialismus, die von der "Kommission" komplett ignoriert wurde.
Ein weiterer Lackmustest für diese seltsame Haltung war die Weigerung der "Kommission", an inhaltlichen Diskussionen über die Anerkennung des Holodomor 1932-1933 als Völkermord am ukrainischen Volk durch den Bundestag aufgrund einer einschlägigen Petition teilzunehmen, und das trotz entsprechender Appelle von Abgeordneten des deutschen Parlaments.
Erst nach gewaltigem öffentlichem Druck war die "Kommission" faktisch gezwungen, eine einzige Veranstaltung zu diesem Thema zu organisieren, nämlich ein Webinar am 24. September 2020.
Zugleich muss mit Bitterkeit festgestellt werden, dass während der fast sechsjährigen "Tätigkeit" der "Kommission" keine einzige Veröffentlichung zur ukrainisch-deutschen Geschichte für die deutsche Öffentlichkeit erarbeitet oder publiziert wurde.
Daher hat die "Kommission" den Rest des Vertrauens der ukrainischen Seite endgültig verspielt.
Darüber hinaus hat sich im Laufe des letzten Jahres der Eindruck nicht gerade verstärkt, dass die Tätigkeit der Kommission im bestehenden Format den nationalen Interessen der Ukraine entspricht.
Dies war der letzte Tropfen der Geduld, der das Fass zum Überlaufen brachte und dazu führte, dass der ukrainische Außenminister seine Schirmherrschaft über die „Kommission“ entzogen hat.
Angesichts dieser Situation hat die ukrainische Seite der Bundesregierung einen Vorschlag unterbreitet, eine vollwertige Ukrainisch-Deutsche Regierungskommission für historische Fragen auf paritätischer Basis zu schaffen, um die systematische und objektive Erforschung der gemeinsamen Geschichte zu ermöglichen.
Was die DUHK betrifft, so wünscht ihr die ukrainische Seite, obwohl sie sich von dieser Institution klar distanzieren möchte, dennoch weiterhin viel Erfolg.