Lieber Herr Prof. Dr. Lammert,
Lieber Herr Bürgermeister Wegner,
Liebe Eva,
Sehr geehrte Damen und Herren,
Gestern Abend bin ich nach zwei langen Tagen von der Münchner Sicherheitskonferenz nach Berlin zurückgekehrt. Zu dieser Jahreszeit sind die Tage in München immer länger als in Berlin. Vor allem, wenn man den Präsidenten dorthin begleitet. Sowie 1 Vizepremierministerin, 1 Vizepremierminister, 1 Minister für strategische Industrie und 1 Außenminister. Besonders wenn es schon der zweite Präsidentenbesuch pro Woche ist. Zumal am Freitag in Berlin noch ein beispielloses ukrainisch-deutsches Sicherheitsabkommen von Präsident und Kanzler unterzeichnet wurde. Irgendwie macht das die Tage noch länger.
Und so war mein Gedanke gestern Abend: “Gut, dass das Wochenende vorbei ist. Jetzt geht's endlich zur Arbeit". Dann sah ich in meinem Kalender, dass ich für den ganzen Vormittag gebucht bin, nicht für Berlin, sondern für Kyiv. Für Café Kyiv. Als hätte ich einen kleinen Heimaturlaub gewonnen. Fast ein Luxusurlaub in diesem Tempo.
Dieses überraschende Gefühl, morgen wieder zu Hause sein zu können, brachte plötzlich Motivation und Hoffnung zurück. So wie es meine Heimatstadt schon oft für mich und für uns alle getan hat. Sei es im Frühjahr 2022, als die ukrainischen Streitkräfte die Oblast Kyiv befreit haben und wir alle zum ersten Mal den Mut hatten, überhaupt an einen Sieg in diesem Krieg zu denken. Oder im Februar 2014, als die Revolution der Würde siegte - ein für alle Mal. In beiden Fällen hat Kyiv dafür einen enormen Preis bezahlt. Diese heroische Opferbereitschaft zeichnet auch diese mutige Stadt aus. Morgen gedenken wir der Opfer der Himmlischen Hundertschaft - der Heldinnen und Helden des Kyiver Majdan. Das waren die Menschen, die vor 10 Jahren mit ihrem Leben für unsere Zukunft bezahlt haben. Und auch dafür, dass es heute das Café Kyiv im Zentrum Berlins gäbe.
Das diesjährige Café Kyiv trägt den Namen “Die Zukunft der Ukraine in Europa”. Auch dafür, dass dieser Satz zum Axiom wurde, haben Menschen auf dem Maidan gekämpft und sind gestorben. Diese Entscheidung wird heute gegen den russischen Angriffskrieg verteidigt.
Kyiv ist also Hoffnung und Heldentum zugleich. Seine 1500-jährige Geschichte zeugt davon. Kyiv ist aber auch ein Ort des kreativen Unternehmertums und der Selbstorganisation. Mehrfach geprüft vom Maidan. Und von vielen Start-ups. Geprüft auch von dem Erfolg des Geschäftsmodells Café Kyiv. Die Konrad-Adenauer-Stiftung legt ein Fundament. Viele Partnerinnen und Partner bauen darauf diese lebendige Megapolis. Wo sich historische Debatten mit hipsterischen Pop-up-Märkten abwechseln.
Als Botschafter der Ukraine eröffne ich heute bereits zum zweiten Mal das Café Kyiv. Und ich werde es immer wieder gerne tun. Überall in Berlin. Aber ich wünsche mir, dass wir zur Originalidee zurückkommen und das Cafe Kyiv einen stabilen Ort bekommt. Dort, wo heute noch das Cafe Moskau ist. Immer noch.
Denkmalschutz darf nicht zum Tabu für Umdenken werden. Nicht alles, was einmal geschehen ist, hat Schutz verdient.
Ich meine, ich mag das Kolosseum sehr. Wir sollten aber die antike Kultur in Ruhe lassen. Sie ist das Fundament der europäischen Zivilisation. Während das Café Moskau in Berlin-Mitte eher ein Denkmal der sowjetischen Besatzung bleibt. Ein Denkmal für den Versuch, die europäische Zivilisation zu töten - ein Versuch, der heute wieder stattfindet.
Lieber Herr Bürgermeister Wegner,
mit Ihrer Wahl hat die Konrad-Adenauer-Stiftung wohl eine etwas größere Chance bekommen, ein Café in Berlin-Mitte umzubenennen. Lassen Sie uns diese Chance gemeinsam nutzen. Das ist eine Ehrensache für mich und eine wichtige Angelegenheit für die gesamte ukrainische Gemeinde.
Nach der Gründung der Städtepartnerschaft Berlins mit Kyiv ist sie sogar noch wichtiger geworden.
Nochmals vielen Dank für diese Gelegenheit, zu Beginn der Arbeitswoche nach Hause zu kommen.
Der Präsident hat es leider zum dritten Mal in 5 Tagen nicht nach Deutschland geschafft. Deshalb begrüße ich euch heute im Namen des ukrainischen Staates.
Herzlich willkommen in Café Kyiv. Am Ort der Hoffnung, des Heldentums und der Selbstorganisation!