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Rede des ukrainischen Botschafters Oleksii Makeiev an die demokratische Mitte Deutschlands
Veröffentlicht am 10 Februar 2025 Jahr 14:54

Es ist und bleibt im ureigenen Interesse Deutschlands, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt.

Liebe Demokratinnen und Demokraten,


ich sehe schon jetzt die Schlagzeilen von morgen: „Ukrainischer Botschafter wirbt für die FDP“. „Makeiev mischt sich in die Bundestagswahl ein“. „Ukraine zeigt keinen Respekt vor der deutschen Demokratie“. Der ehemalige Online-Chef von Russia Today fragt in der Bundespressekonferenz, wann Makeiev zur Persona non grata erklärt wird. Herr Hunko und Herr Krah blättern erneut durch das Wiener Übereinkommen über diplomatische Beziehungen. Herr Ernst macht ein ernstes Gesicht und versucht bei seinen Eskapaden gegenüber mir, meine Wenigkeit und die Ukraine aber keinesfalls das Wort Russland zu erwähnen, um weiter unaufgedeckt zu bleiben.

All das ist mir bewusst. Trotzdem halte ich diese Rede. Ich war schon beim Parteitag der Grünen im November, beim Parteitag der SPD im Januar. Ich war bei der CDU am Montag, und mein Kollege, der Generalkonsul in München, war gestern bei der CSU in Nürnberg.

Es ist immer ein zwiespältiges Gefühl. Zuerst höre ich positive Dinge über die Ukraine von meinen guten Freunden unter allen Demokraten. Dann höre ich sehr viel Negatives über andere Demokraten. Einige meiner Freunde beschmutzen meine anderen Freunde. In meiner Residenz, in unserem Erlenbusch-Kreis haben wir uns alle versammelt. 

Und jetzt: Wahlkampf.

Neben den demokratischen Opponenten kandidieren auch zwei antidemokratischen Parteien. Diejenigen, die in vielen Aspekten eher russische als deutsche und europäische Interessen vertreten. 

Ich bin Botschafter der Ukraine und ich bin ein Demokrat.

Ich unterstütze keine deutsche Partei. Ich habe keine Wahlfavoriten und keine Lieblingspolitiker. Ich danke allen, die die Ukraine unterstützen. 

Gemeinsam mit der demokratischen Mitte stelle ich mich entschieden gegen die Feinde der Demokratie. Dieser Kampf wird nicht am 23. Februar enden und kann nicht alleine gewonnen werden.  

Ich richte meine Rede heute nicht nur an die Freien Demokraten, sondern an alle deutschen Demokratinnen und Demokraten.

Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,

in unserer Botschaft habe ich eine Kollegin. Sie ist gebürtige Ukrainerin, in Deutschland aufgewachsen. Sie ist deutsche Staatsbürgerin. Ich war unhöflich genug, um sie zu fragen: „Wen werden Sie wählen?“

Die Antwort: „Ich wähle die Partei, die die Ukraine am meisten unterstützt.“

Und genau dasselbe habe ich von vielen Deutschen gehört, die keine gebürtigen Ukrainer sind. „Man muss ja kein Ukrainer sein, um die Ukraine zu unterstützen. Es reicht, ein Mensch zu sein.“  Das hat meine gute Freundin Oleksandra Matwiitschuk in ihrer Nobelpreisrede formuliert. Und ich erlaube mir eine Anpassung: Es reicht, ein Demokrat zu sein, um die Unterstützung der Ukraine heute als eines der wichtigsten Wahlmotive zu sehen.

Meine Damen und Herren,

Russland führt bereits Krieg gegen Europa und vor allem gegen Deutschland. Mit diesem Wissen auch im Wahlkampf rote Linien vor sich herzuziehen, ist Eskapismus. Diese Lebenslüge ist tödlich. Die Selbstabschreckung der Wahrheit hilft Russland, seine Propaganda zu verbreiten. Wenn Demokraten es nicht wagen, ehrlich über den Krieg zu sprechen, dann lügen die Feinde der Demokratie über den Frieden.

In Deutschland wählen 16-Jährige bei Europawahlen und es wird diskutiert, dass auch bei den Bundestagwahlen die 16-Jährigen wählen dürfen. Wählerinnen und Wähler sind keine Kinder. Sie brauchen keinen Paternalismus. Paternalismus ist ein Merkmal der Autokratie. Demokratie erfordert Mut zum Dialog auf Augenhöhe. Mit Klartext gewinnt man Köpfe und Herzen. Und am Ende des Tages, nach langen Analysen, stimmt man immer mit dem Herz.

Die Aufgabe der Demokratie ist es nicht, die Welt schönzureden. Die Aufgabe der Demokratie ist es, die Welt schöner zu machen. Dazu muss man den Zustand der Welt erkennen und klar beschreiben.

Liebe Freundinnen und Freunde,

vor 11 Jahren war ebenfalls Sonntag. Das Wetter in Kyjiw war ähnlich wie heute in Potsdam. Zehntausende Menschen versammelten sich auf dem Maidan Nesaleschnosti. Es war die 10. große Volksversammlung seit November, auf Ukrainisch „Witsche“ genannt. Einige von Ihnen kennen dieses Wort, dank der ukrainischen Gemeinde hier in Berlin.

Vor 11 Jahren protestierten die Ukrainerinnen und Ukrainer gegen Autokratie, gegen den Versuch, unsere Zukunft und unsere Träume zu stehlen, gegen den Weg zurück nach Moskau statt nach vorne in Europa. 

Ich war auch damals auf dem Maidan dabei.

Der Staat hatte bereits damals die ersten Morde begangen. Die Demonstranten waren fest entschlossen, bis zum Ende zu gehen. Jedoch glaubte man noch an eine friedliche Lösung. In 10 Tagen entschied sich der ukrainische Machthaber Janukowytsch für den offenen, bewaffneten Kampf gegen die eigene Bevölkerung. 

Das Volk hat gewonnen. Wir gedenken der damals Gefallenen als unsere Himmlische Hundertschaft. Die Ereignisse des Winters 2013/2014 sind der Welt als Revolution der Würde bekannt.

Die Ukraine hat damals bestätigt: Würde ist kein Konjunktiv. 

Wiktor Janukowytsch floh nach Russland. Russland duldete den Sieg der Würde und den Sieg der Demokratie nicht. Russland begann seinen Krieg gegen die Ukraine 2014. Dieser Krieg tobt bis heute.

Als ich nach Deutschland kam, hatte ich nur eine Bitte an die demokratischen Kräfte im Bundestag:

Bitte macht die Ukraine nicht zu einem politischen Streitpunkt. Bei allen sonstigen Differenzen findet bitte immer einen Konsens über die Ukraine. Denn die Ukraine kämpft heute gerade für die Werte, die das Fundament der deutschen Demokratie sind. Auf dem Maidan haben die Ukrainerinnen und Ukrainer für unsere Würde und für die Demokratie gekämpft. Sie haben gekämpft, weil die Würde des Menschen unantastbar ist. Dieser Kampf geht weiter. Die Unantastbarkeit der Menschenwürde beginnt mit der Unverletzlichkeit der Staatsgrenze.“

Diesen Appell richte ich auch an den 21. Deutschen Bundestag.

Ich bin überzeugt: Demokratie ist aus sich heraus stärker als jede Autokratie. Demokratie ist stark, weil sie in all ihrer Vielfalt in Grundsatzfragen zur Einheit finden kann und weil diese Einheit mehr ist und mehr bleibt.

Wie gesagt, mein Appell steht. Ich füge nur hinzu:

Verschweigt den Krieg nicht. Tretet mutig für die Wahrheit ein. Habt keine Angst vor klaren Worten. Habt vor gar nichts Angst. Seid stark und seid mehr.

Und vergesst bitte nicht: In Deutschland kämpft man darum, gewählt zu werden. In der Ukraine kämpft man um die Leben seiner Kinder, seiner Familie, seiner Freunde.“

Es ist und bleibt im ureigenen Interesse Deutschlands, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnt.


Die Rede wurde von Oleksii Makeiev, Botschafter der Ukraine in Deutschland, auf dem außerordentlichen Parteitag der Freien Demokratischen Partei (FDP) in Potsdam gehalten.


Der Parteitag fand am Sonntag, den 09. Februar 2025, zwei Wochen vor der vorgezogenen Bundestagswahl (23. Februar 2025) statt. 


Der Appell richtet sich an die demokratische Mitte Deutschlands, an alle Demokratinnen und Demokraten in Deutschland.


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