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Botschafter der Ukraine Dr. Andrij Melnyk forderte im Interview der "Bild"-Zeitung Berlin auf, diese verbrecherische Kreml-Politik der Passvergabe dringend zu stoppen
Veröffentlicht am 18 Juni 2020 Jahr 12:14

Botschafter der Ukraine in der Bundesrepublik Deutschland Dr. Andrij Melnyk forderte im Interview der "Bild"-Zeitung die Bundesregierung auf, die verbrecherische Kreml-Politik der Passvergabe dringend zu stoppen.

Dass Ukrainer im Donbas und auf der ebenfalls von Russland völkerrechtswidrig besetzten Krim über die neue russische Verfassung abstimmen dürften, „untergräbt die Legitimität von Putins neuer Verfassung und macht sie zu einer Farce“, - kommentierte die Situation Botschafter Melnyk.

Der volle Text der Bild-Publikation:

VERFASSUNGSREFERENDUM WIRD ZUR FARCE

„Neurussen“ sollen Putins Macht sichern

200 000 Ukrainer durch illegale russische Pässe plötzlich stimmberechtigt bei Verfassungs-Abstimmung

Artikel von: JULIAN RÖPCKE

veröffentlicht am17.06.2020 - 13:51 Uhr

Am 1. Juli will Russlands Langzeit-Präsident Wladimir Putin die Weichen für seinen Machterhalt für die nächsten 16 Jahre stellen. Über ein „Verfassungsreferendum“ will er seine Amtszeiten zurück auf Null stellen, was ihn – bei weiterhin gewonnenen Wahlen – bis 2036 im Amt halten könnte.

Doch es könnte knapp werden. Lediglich 44 Prozent der Russen sprechen sich laut einer aktuellen Umfrage für die neue Verfassung aus. 56 Prozent sind dagegen oder noch unentschieden.

Wahlen ohne sicheren Ausgang für den Kreml? Ein Zustand, den Russlands Führung nicht akzeptieren kann. Darum greift Putin nun zu extremen Methoden, um sich nicht nur zusätzlich Stimmen für die anstehende Abstimmung zu sichern.

Gleichzeitig könnte der Schachzug Russlands Kriegsgegner Ukraine weiter destabilisieren.

Am Montag erklärten die de facto von Russland kontrollierten „Volksrepubliken“ Donezk und Lugansk im weiterhin umkämpften Osten der Ukraine (39 tote und verletzte Ukrainer allein im Juni), jeder „Staatsbürger“ mit einem russischen Pass sei am 1. Juli stimmberechtigt, um im großen Nachbarland über Putins Wunsch-Verfassung abzustimmen.


So titelten die Regime-Nachrichten eines der nicht anerkannten Gebilde am Montag:

„Bürger der Volksrepublik Lugansk mit der Staatsbürgerschaft der Russischen Föderation, die am Tag der Abstimmung das 18. Lebensjahr vollendet haben, können an der all-russischen Abstimmung über die Genehmigung von Änderungen der Verfassung der Russischen Föderation teilnehmen.“

Gleiches erklärte auch die benachbarte „Volksrepublik Donezk“ – erstmals und nur zwei Wochen vor der lange geplanten Abstimmung in Russland.


Illegale russische Pässe sollen Putin helfen

Und für möglichst viele (eigentlich ukrainische) Stimmberechtigte im Donbas sorgt der Kreml bereits seit letztem Jahr.

„Die Zahl der ausgegebenen russischen Pässe beträgt nach eigenen Angaben der Separatisten knapp 200 000“, so Ukraine-Experte Nikolaus von Twickel vom „Zentrum Liberale Moderne“ in Berlin. „Die vereinfachte Ausgabe russischer Pässe begann im April 2019, nachdem Putin dies per Erlass ermöglicht hatte“, so der Experte weiter.

Voraussetzung für den Erhalt des russischen Passes sei der Besitz eines „republikanischen“ Passes, also eines Dokuments der international nicht anerkannten Regime im Osten der Ukraine. Darum stellen auch die meisten EU-Länder Inhabern dieser russischen Pässe keine europäischen Visa aus.


Laut von Twickel kann sich der Kreml der Stimmen der falschen Russen bzw. „Volksrepublikanern“ sicher sein. „Natürlich werden die ‚Neurussen‘ für Putin, also für die Änderungen, stimmen“, sagte er zu BILD.

„Alles andere wäre unlogisch. Sie verdanken ja ihre Pässe und die Möglichkeit einer Abstimmung ebendiesem Putin. Daher werden sie auch dafür sein, dass er noch länger im Amt bleibt.“

Immerhin, so von Twickel, müssten die Menschen ins benachbarte Russland fahren, um ihre Stimme abzugeben. Er erwarte daher „einige organisierte Busreisen“, fügt jedoch hinzu: „Die Zahlen werden aber sicher viel niedriger sein, als wenn man in Donezk bzw. Luhansk Wahllokale eröffnet hätte.“

Trotzdem gibt es massive Kritik am Vorgehen Russlands bzw. der Vermischung von Verfassungsreferendum und aggressiver Ukraine-Politik.


Grüne und Ukraine sehen schleichende Annexion

Manuel Sarrazin (Grüne), Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags und Sprecher für Osteuropapolitik seiner Partei, erklärte gegenüber BILD: „Der Kreml will offenbar seinen gesamten Instrumentenkasten nutzen, um sich den Ausgang des Verfassungsreferendums zurecht zu fälschen. Dass Putin zudem die Menschen im Donbas am Referendum beteiligen will, kann nur als ein weiterer Schritt zur Vorbereitung einer Annexion des Donbas gewertet werden.“

Sarrazins Appell an die Bundesregierung: Merkel, Maas und Co. müssten „endlich aufhören, sich im Normandie-Format an der Nase herumführen zu lassen und klar aussprechen, was jeder sieht: Putin will keinen Frieden in der Ostukraine“.

Ebenfalls harsche Kritik kommt aus der Ukraine selbst. Botschafter Andrij Melnyk sagte zu BILD, dass Ukrainer im Donbas und auf der ebenfalls von Russland völkerrechtswidrig besetzten Krim über die neue russische Verfassung abstimmen dürften, „untergräbt die Legitimität von Putins neuer Verfassung und macht sie zu einer Farce“.

Die massenweise Ausgabe russischer Pässe an Ukrainer in den besetzten Gebieten im Donbas sei eine „schleichende neue Annexion der Ostukraine“. Putin torpediere damit „die Minsker Vereinbarungen und macht ihre Umsetzung mit eigenen Händen unmöglich“. Botschafter Melnyk erklärte daher in Richtung Berlin: „Wir fordern die Bundesregierung auf, diese verbrecherische Kreml-Politik der Passvergabe dringend zu stoppen.“


Berlin: Russische Pässe und Referendum auf der Krim verletzten Ukraine

Auch bei der Bundesregierung in Berlin löst das anstehende russische Verfassungsreferendum mit den Stimmen ukrainischer Staatsbürger und auf dem Territorium der Ukraine Kopfschütteln aus.

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes erklärte gegenüber BILD: „Die Bundesregierung hat, zusammen mit Frankreich und der EU, wiederholt klargemacht, dass die erheblich vereinfachte Erteilung der russischen Staatsbürgerschaft an die in den Gebieten Luhansk und Donezk lebenden ukrainischen Bürgerinnen und Bürger Geist und Zielen der Minsker Vereinbarung widerspricht und eine Verletzung der Souveränität der Ukraine darstellt.“

Wie Botschafter Melnyk mache man sich zudem Sorgen um das Abhalten der russischen Abstimmung auf der ukrainischen Krim. Die Durchführung des Verfassungsreferendums „durch Russland auf der völkerrechtswidrig annektierten Krim würde die Souveränität der Ukraine verletzen“.

Die klare Ansage der Sprecherin von Heiko Maas' Ministerium: „Die Ukraine ist ein eigenständiger, souveräner Staat. Deutschland unterstützt die Wiederherstellung der vollen Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine. Maßnahmen, die die Souveränität der Ukraine infrage stellen, lehnen wir ab.“

Fraglich bleibt, ob diese Ablehnung im Kreml Gehör findet. Obwohl Putins Regime in den letzten Jahren immer neue Maßnahmen ergriffen hat, um die Souveränität der Ukraine zu verletzten (Stichwort Entführung ukrainischer Seeleute, politische Morde in Kiew, Tötung Hunderter ukrainischer Soldaten im Donbas), haben Deutschland und die Europäische Union seit 2015 keine neuen Strafmaßnahmen und Sanktionen gegen Russlands brutale Ukraine-Politik verhängt.

Quelle: „Neurussen“ sollen Putins Macht sichern

Foto: Pavel Sepi




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